Michael Molls
Prof. Dr. med. Dr. h.c.
Ehemaliger Ordinarius und Direktor der Klinik für Strahlentherapie und Radiologische Onkologie
Fakultät für Medizin, TUM Klinikum rechts der Isar
Direktor des TUM Institute for Advanced Study
geb. 15.12.1944
CV
Michael Molls studierte Medizin an der Universität Freiburg, Deutschland. Nach der Approbation als Arzt war er für die Deutsche Bundesanstalt für Arbeit im ehemaligen Jugoslawien und in der Türkei arbeitsmedizinisch tätig (1972 bis 1974). Von 1974 bis 1976 arbeitete er als wissenschaftlicher Assistent am Institut für Pharmakologie der Universität Freiburg. Die experimentellen Untersuchungen zum Anaphylaktischen Schock führten zu ersten hochrangigen Publikationen und zur Promotion als Dr. med. Zwischen 1977 und 1991 spezialisierte er sich in Strahlenbiologie und Strahlentherapie/Radioonkologie (Facharzt) am Universitätsklinikum Essen. Die experimentellen und klinischen Forschungen von Michael Molls ermöglichten die Habilitationen in beiden Disziplinen.
Von 1992 bis 2014 war Michael Molls Ordinarius und Direktor der Klinik für Strahlentherapie und Radioonkologie an der Technischen Universität München (TUM). Dem TUM Universitätsklinikum „Rechts der Isar“ diente er über viele Jahre als Mitglied des Vorstandes und des Aufsichtsrates. Als Leiter des Tumorzentrums München an der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) und der TUM fokussierte er auf die Sicherstellung höchster Qualität in den onkologischen Versorgungsstrukturen in der Region München und Oberbayern, vor allem auf die kooperativen Arbeitsprozesse und Ergebnisse der interdisziplinären Onkologie. In seiner Präsidentschaft der Deutschen Gesellschaft für Radioonkologie (DEGRO) und als Leiter der DEGRO Akademie führte er ein Curriculum für die Facharzt-Weiterbildung in der Strahlentherapie nach europäischem Standard ein, in Kooperation mit der Deutschen Krebsgesellschaft interdisziplinäre Leitlinien für die Behandlung von Krebspatienten.
Michael Molls etablierte 1976/77 am Institut für Medizinische Strahlenbiologie und Strahlenphysik des Uni Klinikums Essen die in vitro Kultivation von Präimplantationsembryonen der Maus. An diesem System von Stammzellen mit rascher Zellvermehrung (befruchtete Eizelle bis zur ca. 120-zelligen Blastozyste) führte er embryologische Untersuchungen durch (im Vergleich zur Entwicklung in vivo), vorrangig jedoch Studien zum strahleninduzierten Zelltod und zur chromosomalen Schädigung nach Einwirkung von Röntgen-, Neutronen- und Tritiumstrahlen. In größerem Umfang erfolgten darüber hinaus Experimente, in denen Röntgenstrahlen gemeinsam mit Schwermetallen (Blei, Cadmium) oder Chemotherapeutika zur Anwendung kamen. Es zeigte sich, dass die Kombination von ionisierenden Strahlen mit toxischen, chemischen Substanzen eher keine potenzierend-schädigenden Effekte ergab. Die radiobiologischen Ergebnisse der Arbeitsgruppe Molls fanden international hohe Beachtung.
Aus der experimentellen und klinischen Forschung der Gruppe Molls resultierten ab 1984 wegweisende Publikationen zur 1) Oxygenierung, Blutperfusion und biologischen Heterogenität von bösartigen Tumoren, 2) Individualisierten Strahlentherapie-Planung auf Basis von Bildgebung mit Computer-, Kernspin- und Positronenemissions-Tomographie sowie Ultraschall, 3) Hochpräzisions-Strahlentherapie im Sinne von Radiochirurgie, Stereotaktische Strahlentherapie (Hirnmetastasen, primäre Hirntumore, primäre Lungen Carcinome in Frühstadien, Lebermetastasen) und Intensitätsmodulierte sowie Image Guided Strahlentherapie (Mama-, Prostata-Carcinom), 4) Kombination von Strahlentherapie mit zytostatischen Substanzen oder Hyperthermie, 5) Lebensqualität von Patienten nach Strahlentherapie, 6) in vitro Bestrahlung (Zellkulturen) mit Laser generierten Protonen und mit Protonen extrem hoher Dosisleistung.
Als Ko-Sprecher des DFG-Exzellenzclusters Munich Centre for Advanced Photonics (MAP) hatte Michael Molls die Zuständigkeit für den biomedizinischen Bereich. In Kooperation mit Physikern verfolgte er auf der Grundlage von Lasertechnologie das Ziel, die Heilungsraten bei Krebs durch frühe Tumorerkennung (Liquid Biopsies und Innovatives Imaging) und die Anwendung kleinvolumiger, schonender Strahlenbehandlung mit Protonen oder Schwerionen signifikant zu verbessern. Diese Vision trug er im Hearing den internationalen Gutachtern vor und hatte damit einen entscheidenden Anteil an der Erst-Bewilligung des MAP-Clusters (2006). Dem MAP-Cluster gelang ein „Proof of Principle“-Experiment zur in vitro Bestrahlung von Melanom-Zellen mit laser-generierten Protonen.
Die Forschungen des MAP-Clusters führten zur erfolgreichen Einwerbung des Projekts Center for Advanced Laser Applications (CALA), das von Michael Molls gemeinsam mit Ferenc Krausz geleitet wurde. Das CALA-Projekt, mit einem Finanzvolumen von 63 Mio. EUR, konzentriert sich auf die Anwendung von Lasertechnologie in der Strahlentherapie und Krebsdiagnostik. Die Vision von Michael Molls, das Krebsproblem auf Basis von Physik und Engineering signifikant zu entschärfen, wird nach wie vor von hochrangigen internationalen Forschungsverbünden verfolgt.
Nach seiner Pensionierung (2014) wurde Michael Molls Mitglied des Internationalen Wissenschaftlichen Beirats des Deutschen Zentrums für Tumorerkrankungen. Seit 2016 ist er Sprecher der TUM Senior Excellence Faculty (SEF) mit Sitz im erweiterten TUM Hochschulpräsidium. Im April 2020 übernahm er die Position des Direktors des TUM Institute for Advanced Study (IAS) und seit 2021 zählt er zu den Vorstandsmitgliedern der TUM International Graduate School of Science and Engineering (IGSSE). In jüngerer Zeit haben sich die wissenschaftlichen Interessen von Michael Molls auf den Bereich der Nachhaltigkeit verlagert, mit Aktivitäten wie der Organisation von Symposien und Buchveröffentlichungen. In 2016 gründete er mit Kollegen*innen der SEF, dem TUM IAS und dem Institute for Earth System Preservation (IESP) am IAS das TUM Forum Sustainability.
Insgesamt ist er Autor von mehr als 500 Publikationen und Herausgeber von Lehrbüchern, Monografien und Buchreihen. Er betreute 14 Habilitationen sowie viele medizinische (MD) und naturwissenschaftliche (PhD) Promotionen. Aus der Schule von Michael Molls gingen insgesamt acht Universitätsprofessoren*innen und Klinikdirektoren*innen hervor.
Kurzbiographie
1965 - 1971 | Studium der Medizin und Approbation, Universität Freiburg |
1972 - 1974 | Arbeitsmedizin in der Türkei (Istanbul) und in Jugoslawien |
1974 - 1976 | Assistent am Pharmakologischen Institut und Promotion mit einer experimentellen Arbeit, Universität Freiburg |
1977 - 1991 | Assistent, Facharzt und Oberarzt, Institut für Strahlenbiologie, Strahlenklinik des Universitätsklinikum Essen; Habilitation und Venia Legendi für die Fächer Embryologie, Strahlenbiologie, Strahlentherapie |
1992 - 2014 | Ordinarius und Direktor der Klinik für Strahlentherapie und Radiologische Onkologie, TU München, Klinikum rechts der Isar |
2008 - 2011 | Leiter des europäischen Strahlenbiologie-Projektes CARDIORISK (7. Rahmenprogramm der EU) |
2010 - 2016 | Co-Sprecher des DFG Exzellenzclusters Munich Center for Advanced Photonics |
seit 2016 | Sprecher der TUM Senior Excellence Faculty (des Kreises der TUM Emeriti of Excellence) Mitglied des Erweiterten Hochschulpräsidiums der TUM |
seit 2020 | Direktor des TUM Institute for Advanced Study |
Mitgliedschaften und Auszeichnungen
Sprecher der TUM Emeriti of Excellence (seit 2016)
Mitglied Scientific Advisory Board am NCT (Nationales Zentrum für Tumorerkrankungen) (seit 2015)
Vorstandsmitglied des Center of Advanced Laser Applications (CALA) an LMU und TUM (2015)
Mitglied des Internationalen wissenschaftlichen Beirats für die „ELI Beamlines Facility" Prag (Extreme Light Infrastructure, European Project) (2010-2016)
Ko-Sprecher und verantwortlich für die Biomedizin des vom Bund/Land geförderten Projektes „Center of Advanced Laser Applications (CALA)“ (2010)
Mitglied des Vorstandes (seit 2006), Ko-Sprecher (2010-2016) des DFG-Exzellenzclusters „Munich Center for Advanced Photonics (MAP)“, verantwortlich für die Biomedizin
Leiter des europäischen Strahlenbiologie-Projektes „CARDIORISK“ (EU, 7. Rahmenprogramm) (2008-2011)
Mitglied des Peer Review College of the Danish Council for Strategic Research (2008)
Mitglied des Fachkollegiums Medizin der DFG für die Bereiche Krebsforschung und Medizintechnik) (2007-2012)
Präsident der Akademie für Fort- u. Weiterbildung der Deutschen Gesellschaft für Radioonkologie (DEGRO) (2004-2009)
Mitglied des Vorstandes (1999-2003) und Mitglied des Aufsichtsrates (2003-2009) des Klinikums rechts der Isar
Vorsitzender des Lenkungsausschusses „Medizin Technik" der TU München (1998)
Mitglied des Vorstandes (1997-2003) und Vorsitzender (2001-2003) des Tumorzentrums der medizinischen Fakultäten und Klinika der LMU und TU München
Mitglied des Instrumentierungsausschusses (1996-2000) sowie Mitglied des Wissenschaftlichen Direktoriums (1996-2003) des Forschungsreaktors der TU München
Mitglied des Vorstandes (1995-2001), Präsident (1997-1999) der Deutschen Gesellschaft für Radioonkologie (DEGRO)
Mitglied des Vorstandes (1994-2011) und Vizepräsident (2003-2011) der „Bayerischen Krebsgesellschaft"
Mitglied des Vorstandes der Sektion Radioonkologie der Deutschen Röntgengesellschaft (1993-1995)
Mitglied von 1) Expertenkommissionen (Wissenschaftsrat, DFG, Helmholtz Gemeinschaft, Bundes- und Landesministerien), 2) Beiräten onkologischer Kliniken und Institutionen, 3) Editorial Boards nationaler und internationaler wissenschaftlicher Zeitschriften im Bereich Strahlenbiologie, Medizinische Physik, Klinische Onkologie
Mitglied der Deutschen (DEGRO) und Europäischen (ESTRO) Gesellschaft für Radioonkologie und weiterer wissenschaftlicher Gesellschaften
Preise und Ehrungen
- Hanns-Langendorff-Preis (1979)
- Mitglied der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina (seit 1998)
- Präsident des gemeinsamen Jahreskongresses der Deutschen und Österreichischen Gesellschaften für Radioonkologie und der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Physik (2000)
- Ehrenmitglied der Österreichischen Gesellschaft für Radioonkologie (ÖGRO) (2004)
- Ehrenurkunde des Tumorzentrums München (2007)
- Vorsitzender des Alfred Breit Preis Komitees der Deutschen Gesellschaft für Radioonkologie und der Deutschen Gesellschaft für Radiologie (seit 2013)
- TUM Emeritus of Excellence (2013)
- Ehrenmitglied der Deutschen Gesellschaft für Radioonkologie (DEGRO) (2014)
- Paul Harris Fellow Rotary International (2017)
- Ehrendoktorwürde der Cyprus University of Technology (2019)
- Ehrendoktorwürde Christian Dimitrie Cantemir Universität Bukarest (2021)
- Mitglied der Europäischen Akademie der Wissenschaften und Künste (seit 2022)
- Goldener Ehrenring der TUM (2014)
Erläuterungen zu Preisen und Ehrungen finden Sie hier (pdf-Datei zum Herunterladen 251 KB).
Schlüsselpublikationen
Vaidya JS, et al.: “Targeted intraoperative radiotherapy versus whole breast radiotherapy for breast cancer (TARGIT-A trial): an international, prospective, randomised, non-inferiority phase 3 trial”. Lancet. 2010; 376: 91-102. (Publikation unter Beteiligung der Gruppe Molls)
Zimmermann FB, Geinitz H, Schill S, Thamm R, Nieder C, Schratzenstaller U, Molls M: “Stereotactic hypofractionated radiotherapy in early stage I (T1-2 N0 M0) non-small cell lung cancer (NSCLC)”. Acta Oncol. 2006; 45: 796-801.
Geinitz H, Zimmermann FB, Thamm R, Schumertl A, Busch R, Molls M: “3D conformal radiation therapy for prostate cancer in elderly patients”. Radiother Oncol. 2005; 76: 27-34.
Grosu AL, Weber WA, Franz M, Stärk S, Piert M, Thamm R, Gumprecht H, Schwaiger M, Molls M, Nieder C: „Reirradiadition of recurrent high-grade gliomas using amino acid PET (SPECT)/CT/MRI image fusion to determine gross tumor volume for stereotactic fractionated radiotherapy”. Int J Radiat Oncol Biol Phys. 2005; 63(2): 511-9.
Cornforth MN, Greulich-Bode KM, Loucas BD, Arsuaga J, Vasquez M, Sachs RK, Brückner M, Molls M, Hahnfeldt P, Hlatky LR, Brenner DJ: “Chromosomes are predominantly located randomly with respect to each other in interphase human cells”. J Cell Biol. 2002; 159: 237-244.
Molls M, Streffer C, van Beuningen D, Zamboglou N: “X-irradiation in G2-phase of 2-cell mouse embryos in vitro: cleavage, blastulation, cell kinetics and fetal development”. Radiation Research. 1982; 91: 219-234.